Die Albumin-Carrier-Therapie – Anwendung in der onkologischen Praxis
Dr. med. Wulf-Peter Brockmann • Dr. med. Jürgen Arnhold • Michael Denck
Albumin ist das im menschlichen Organismus am häufigsten vertretene Protein. Es hat eine Halbwertszeit von 19 Tagen und ist für viele Transportfunktionen im Blut zuständig. Vor rund 20 Jahren wiesen Biochemiker am Deutschen Krebsforschungszentrum nach, dass Zellen von soliden Tumoren große Mengen an Albumin aufnehmen, nicht aber gesunde Zellen. Der logische Schluss war, therapeutische Wirkstoffe an das Trägermolekül Albumin zu binden, um es nach dem trojanischen Prinzip in Tumorzellen zu schleusen. Die Arbeiten dazu wurden damals eingestellt, jedoch weniger aufgrund von mangelnden Erfolgen, sondern vielmehr aufgrund der strategischen Neuausrichtung des beteiligten Pharmaziekonzerns. Die Stiftung Albumin-Carrier-Therapie hat das Ziel, diese vielversprechende Therapieform aus der Versenkung zurückzuholen und sie weiterzuentwickeln. Mit Erfolg. Beispiele aus der onkologischen Praxis zeigen eindrucksvoll, zu welchen Ergebnissen die Therapie mit albumingebundenem Methotrexat führen kann.
Fallbeispiel 1: Patientin mit Astrozytom Grad III
Aus der Privatpraxis für individuelle Krebstherapie und -diagnostik, Institut OncoLight, Dr. med. Wulf-Peter Brockmann, Hamburg
Der Erstkontakt mit der Patientin (Jahrgang 1967) in meiner Praxis fand am 17.06.2013 unter Vorlage von MRT-Aufnahmen eines bis dato nicht histologisch abgeklärten, soliden, ausgeprägt und homogen Kontrastmittel-aufnehmenden li.-frontoparietalen Hirntumors mit kräftigem, perifokalem Ödem statt. Die MRT-Untersuchung zuvor erfolgte am 31.05.2013 (Abb. 1 a – c) wegen eines epileptischen Anfalls. Anschließend erfolgte eine Tumorresektion am 19.07.2013 mit histopathologischem Ergebnis: malignes Astrozytom Grad III, R0-reseziert. Nachfolgend erfolgten adjuvant Radiofrequenz-Applikationen in simultaner Kombination mit zwei Vakzinationen autologer dendritischer Zellen; das Intervall betrug vier Wochen.
Im ersten postoperativen MRT vom 22.08.2013 zeigte sich nur ein diskretes ringförmiges Kontrastmittel-Enhancement am Rande des OP-Defektes als typisches Zeichen einer unverdächtigen postoperativen Luxusperfusion (Abb. 2a – c, siehe Pfeile 2a und 2c). Im zweiten postoperativen MRT vom 21.10.2013 finden sich dann zwei kleine homogen kontrastierte Tumorrezidive am operativ bedingten Defektrand (Abb. 3a – d, siehe Pfeile). Daraufhin erfolgten der Ab-bruch der Dendritischen Zell-Immuntherapie und die Durchführung einer Serie aus Kombinationsbehandlungen. Diese umfassten:
- insgesamt 29 intravenöse Curcumingaben (jeweils 450 mg, 5 im November, 6 im Dezember, 8 im Januar, 8 im Februar und 2 im März),
- insgesamt 7 intravenöse Gaben von jeweils 90 mg MTX-HSA (mit kovalent an Humanes Serum-Albumin gebundenem Methotrexat) im Abstand von jeweils etwa zwei bis drei Wochen,
- simultan zu jeder Infusion jeweils eine einstündige Radiofrequenz-Hyperthermie des Hirnschädels, die antitumoral aufgrund ihrer elektromagnetischen Wechselstromfelder einwirkt, während ihre Wirkung im Bereich des Gehirns nicht oder nur marginal auf Überwärmungseffekten beruht.


Zur Verhinderung klinischer Komplikationen im Sinne allergiformer Reaktionen gegenüber dem Lösungsmittel des Curcumins wurde das Curcumin grundsätzlich in 1 Liter NaCl-Lösung über etwa 5 Stunden nach Prämedikation von 4 – 8 mg Dexamethason infundiert. Die Halbwertszeit des MTX-HSA im Serum liegt bei rund drei Wochen.
Als erste Nebenwirkung wären entzündliche Schleimhautreaktionen im Bereich der Mundhöhle zu erwarten gewesen (MTX-Stomatitis). Jedoch konnten weder diese noch andere Nebenwirkungen infolge des MTX-Anteils oder anderer Therapieanteile beobachtet werden, was auch für die gute Bindung des MTX an das in aller Regel nur von malignen Zellen utilisierbare HSA spricht. Dieser Umstand war auch für die entsprechend gute Lebensqualität der Patientin verantwortlich; während der gesamten Behandlungsserie blieb die gefühlte Lebensqualität konstant gut.
Nach vier MTX-HSA-Gaben war im Sinne einer guten Teilremission bei einer MRT-Kontrolle am 23.02.2014 nur noch eines der beiden Tumorrezidive am parietalen Rande des resektionsbedingten Substanzdefektes nachweisbar, wie die Positionierung der beiden Pfeile in Abb. 4 (a und b) anzeigt.
Nach Beendigung der gesamten Behandlungsserie waren wie auch bei allen nachfolgenden MRT-Untersuchungen, zuletzt am 19.07.2017, bei fortgesetzter Beschwerdefreiheit keine Kontrastmittel-Enhancements mehr diagnostizierbar, sodass eventuell von einer Heilung der Patientin ausgegangen werden könnte (Abb. 5a und b, Untersuchung vom 27.01.2017).


Bewertung
Das Ergebnis dieser Behandlung ist zumindest für Patienten mit schnell wachsenden Astrozytomen (kenntlich am ausgeprägten perifokalen Ödem) ermutigend, da etwa im Gegensatz zu Temo-zolomid-Behandlungen praktisch keine Nebenwirkungen auftreten und schon nach wenigen Wochen (hier nach vier Gaben MTX-HSA) eine Tendenz zum Erfolg oder Misserfolg dokumentierbar werden kann, was in letzterem Falle ausreichend schnell einen notwendigen Therapiewechsel erlaubt hätte. Gleichzeitig bestätigt das vorliegende Ergebnis die mehr als zehn Jahre alten Untersuchungen und Studien ergebnisse, die von Dr. Hannsjörg Sinn selbst angestrengt worden waren, aber leider weitestgehend in Vergessenheit gerieten.
Darüber hinaus spricht einiges dafür, dass diese Therapie auch bei nichtzerebralen malignen Tumoren eine Rolle spielen könnte, solange es sich dabei um Malignome handelt, die MTX-empfindlich sind, was molekularbiologisch bzw. molekulargenetisch anhand von Resistenzparametern und Tumorzellen im peripheren Venenblut der Patienten detektierbar zu sein scheint (z. B. Institut Metavectum, Hamburg). Hierfür sprechen weitere Behandlungsergebnisse aus Einzelfällen meiner Praxis, die zeitnah publiziert werden sollen.
Dass Studien notwendig sind, um diese Therapieform zumindest einem größeren Patientenkreis mit Astrozytomen Grad III zukommen zu lassen, versteht sich von selbst. Ein starker Gegenwind hierge-gen, der von ökonomisch interessierter Seite entstehen wird, sollte dabei nicht entmutigen! Es ist zu bedenken, dass es sich sowohl beim HSA als auch beim MTX um vertragsärztlich zugelassene Medikamente handelt, die abrechnungsfähig von einem hierfür zugelassenen Apotheker nach Rezept kovalent miteinander verbunden werden dürfen.
Fallbeispiel 2: Ohrspeicheldrüsenkrebs
Aus der Praxis Dynamic Health Care, Dr. med. Jürgen Arnhold, Königsstein
Der männliche Patient, Jahrgang 1927, erhielt die Diagnose: Parotis-Karzinom links mit Lymphknotenmetastasen cervical links. Zu Beginn des Jahres 2015 war bei dem Patienten eine linksseitige Facialisparese aufgefallen. Diese wurde zunächst als Verdacht auf cerebralen Insult diagnostiziert und behandelt, jedoch ohne Erfolg. Bei einer im März 2015 durchgeführten Biopsie zeigte sich dann histologisch Folgendes: ein infiltrierendes, gut differenziertes Spindelzell-Karzinom der Parotis mit pathologisch vergrößertem Lymphknoten cervical li.
Von Mai bis Juli 2015 erfolgte eine photodynamische Tumortherapie mit Chlorin E6 90 mg und Curcumin 150 mg, jeweils i.v. Danach wurde eine Punktion des Tumors und der pathologisch vergrößerten Lymphknoten zur interstitiellen Laserbestrahlung unternommen. Im folgenden Zeitraum von September 2015 bis Februar 2016 kam die intravenöse Therapie mit Humanalbumin-gebundenem Methotrexat 100 mg (MTX-HSA) zum Einsatz. Sie wurde in Kombination mit Curcumin 150 mg jeweils in 250 ml NaCl sowie mit einer intravenösen Laserlichtapplikation (rot, gelb, blau, grün) jeweils über 15 Minuten vorgenommen.
Follow-up 2016 bis Dezember 2017: Die komplette Remission des Tumorgeschehens konnte dokumentiert werden in einer Sonographie (08/2017), mittels einer Computertomographie (08/2017) sowie im MRT (11/2017). Die Facialisparese indes hatte sich nicht gebessert. Hier bleibt der Patient auf eine chirurgische Intervention angewiesen.
Resümee
Die beiden Best Case-Praxisfälle haben eines gemeinsam: Die behandelnden Ärzte haben MTX-HSA nicht als Monotherapeutikum eingesetzt, sondern in Kombination mit anderen Wirkstoffen. Damit haben die Ärzte aus den Ergebnisse der früheren Phase-I/II-Studien be-reits gelernt und MTX-HSA nicht mehr monotherapeutisch eingesetzt. Da Albumin aus Gewe-ben und Organen über die Lymphbahnen in den Kreislauf zurückgeführt wird und MTX-HSA sich wie ein natürliches Albumin verhält, können neben soliden Tumoren und Metastasen auch Lymphknotenmetastasen durch die systemische Verabreichung erreicht werden.
Die Stiftung Albumin-Carrier-Therapie verfolgt das Ziel, neben MTX weitere Wirkstoffe, insbesondere auch Naturstoffe wie beispielsweise Curcumin, Artemisinin und Hypericin an Albumin als Trägerstoff zu binden. Die ersten Kopplungen mit Albumin waren positiv. Die neuesten Analytikergebnisse nach der Phase der Optimierung stehen noch aus. Der nächste Schritt wird es nun sein, die Wirkungsweise von den Naturstoff-Kopplungen nachzuweisen. Es gilt zunächst herauszufinden, welche Wirkstoffkombination bei welchen Tumorarten am erfolgversprechendsten sind.
Wie Dr. med. Brockmann bereits erwähnt hat, sind wissenschaftliche Studien notwendig, um den Beweis für die Wirkung anzutreten. Nur damit kann die schonende Therapieform einem größeren Patientenkreis zugänglich gemacht werden. Die Stiftung Albumin-Carrier-Therapie hat sich dies zur Aufgabe gemacht und ist dafür auf breite Unterstützung von Ärzten, Kliniken und Spendern angewiesen.
Autor Einleitung und Resümee:
Michael Denck
Stiftung Albumin-Carrier-Therapie
Hannah-Arendt-Straße 40
60438 Frankfurt am Main
Tel. +49 (0)69-69 8 69-172
E-Mail: [email protected]
Web: www.albumin-carrier-therapie.org
Autor Fallbeispiel 1:
Dr. med. Wulf-Peter Brockmann
FA für Radiologie und Strahlentherapie
Privatpraxis für individuelle Krebstherapie und -diagnostik, Institut OncoLight
Beim Strohhause 34
20097 Hamburg
Tel. +49 (0)69-69 8 69-172
E-Mail: [email protected]
Web: www.oncolight.de
Autor Fallbeispiel 2:
Dr. med. Jürgen Arnhold
Arzt für Urologie
Dynamic Health Care
Debusweg 8
61462 Königstein
Tel. +49 (0)69-69 8 69-172
E-Mail: www.dynamic-health-care.com
Web: www.dynamic-health-care.com
Anwendung
Bis die Vorbereitungen für eine industrielle Herstellung abgeschlossen sind, können Patienten und Ärzte die Wirkstoffe der Albumin-Carrier-Therapie über Apotheken beziehen. Die Apotheke in Freiburg können wir dazu uneingeschränkt empfehlen. Das MTX-HSA kann durch jeden niedergelassenen Arzt (Onkologe) intravenös verabreicht werden.
Wir suchen zum Ausbau des Netzwerkes vorallem in Österreich noch interessierte Ärzte und Apotheken.
Einstweilen empfehlen wir, sich an die hier bereits gelisteten Ärzte und die Apotheke zu wenden.
Für Kontakte zu Ärzten in Deutschland bitte das Kontaktformular ausfüllen.
(Die Liste wird ständig erweitert. Wir hoffen auf raschen Ausbau des Angebotes.)
Dr. Walter Surböck
Hauptplatz 10
8630 Mariazell
Österreich
Tel:+43 (0)660 3830 10
Fax: +43 (0)3830 4159
Mail: [email protected]
Ordinationszeiten: Mo – Fr 8-13 Uhr
Dr. med. Helmut B. Retzek
Oberbleichfleck 2
4840 Vöcklabruck
Österreich
Tel: +43 (0)7672-2370-0
Fax: +43 (0)7672-2370-12
Mail: [email protected]
Ordinationszeiten: Termine nach Vereinbarung
Bestellung und Kosten
Nach unserem Kenntnisstand liegen die Kosten für 50 mg applikationsfähiges MTX-HSA bei 200 EUR und für 100 mg bei 330 EUR, die nicht von den gesetzlichen Krankenkassen getragen werden.
Eine Phase 1 Studie ergab, dass das MTX-HSA eine Halbwertszeit von 19 Tagen hat, folglich auch eine Wiederholung der Gabe von 50 mg per KOF MTX-HSA bei 19 Tagen liegen sollte. Je nach Größe und Durchblutungssituation des Tumors kann der Arzt die notwendige Dosierung anpassen. Es wurde zu Zeiten der DKFZ-Studien als erstes von einer Stomatitis berichtet, wenn die Dosierung zu hoch ausgefallen war.
Interessierten Apotheken übermitteln wir auf Nachfrage gern die Rezeptur zur Herstellung. Derzeit bemühen wir uns um Verhandlungen mit Lohnfertigern in Deutschland, da die Therapie immer öfter angewendet wird.
Bei der folgenden Apotheke können Sie das MTX-HSA – nach der schonenden Rezeptur von Dr. Sinn – jetzt bereits beziehen.
CareCept Versorgungsapotheke
Apotheker Clements Alber e.K.
Leitstelle für Bestellungen Christina Sommer
Bötzinger Str. 55,
79111 Freiburg
Deutschland
Tel. +49 (0)761 – 611 669-0
Fax: +49 (0)761 – 611 669-11
E-Mail: [email protected]
Linksammlung zur Albumin-Carrier-Therapie
Fragen zur Therapie
Warum wir uns engagieren
Ende 2015 haben meine Frau und ich die Stiftung Albumin-Carrier-Therapie ins Leben gerufen, damit zukünftig mehr Patienten und Ärzte die schonende Tumortherapie kennen und sie anwenden können.
Wir beide haben Dr. Hannsjörg Sinn, Erfinder der Albumin-Carrier-Therapie und Biochemiker am Deutschen Krebsforschungsinstitut, im Jahr 2006 kennengelernt. Nach seinem altersbedingten Ausscheiden beim DKFZ präzisierte er seine Forschungsergebnisse in privatem Engagement weiter. Ich habe ihn dabei unterstützt und führte nach seinem Tod sein Lebenswerk fort.
2013 erkrankte dann meine Frau Petra an einem malignen Hirntumor. Bei ihrer Behandlung kamen die Medikamente Curcumin i.V. und MTX-HSA zum Einsatz. Diese nahezu nebenwirkungsfreie Behandlung führte zu einer kompletten Remission der Tumorrezidive.
Mit den ersten Spendengeldern beauftragte die Stiftung ein Rechtsgutachten, wonach individuelle Therapien unter bestimmten Voraussetzungen durch das Arzneimittelgesetz möglich sind. Die Stiftung Albumin-Carrier-Therapie setzt vor allem auf ein breites Wirkstoffspektrum. Für die Kopplung weiterer Wirkstoffe, wie beispielsweise Doxorubicin, Curcumin und – für die Fluoreszenzdiagnostik – Aminofluorescein (AFL-HSA) an Albumin wurden renommierte Labore beauftragt. Die Ergebnisse aus den Kopplungen mit weiteren Wirkstoffen sind allesamt positiv.
Alle Aufwendungen bis zu diesem wichtigen Meilenstein wurden mit Spenden finanziert und durch sehr viel ehrenamtliches Engagement vieler Unterstützer ermöglicht. Heute betreiben wir unser Engagement privat als Initiative weiter.