Wie aus dem Meer mehr Strom geholt werden kann
Ein kleiner Prototyp eines Wellenkraftwerks mit zwei gegenläufigen Propellern erreicht im Labor einen sehr ordentlichen Wirkungsgrad.
Ohne Unterlass treffen Wellen auf die Küsten entlang der Ozeane. Ihre Bewegungsenergie ist groß genug, um allein in Europa – rein rechnerisch – etwa ein Zehntel des Strombedarfs zu decken. Zahlreiche Konzepte und Prototypen für Meereswellenkraftwerke wurden bereits entwickelt. Doch den Sprung in die Serienfertigung hat bislang niemand geschafft.
Punktabsorber gewinnt mehr Saft
Einen neuen Ansatz für wartungsarme und leistungsfähige Wellenkraftwerke verfolgen nun australische Wissenschaftler vom Royal Melbourne Institute of Technology. Erste Laborversuche zeigen, dass ihr Typ eines so genannten Punktabsorbers doppelt so viel Strom gewinnen könnte als bisher konzipierte Wellenkraftwerke.
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Eine an einem Punkt schwimmende Boje bildet das Herzstück vieler Wellenkraftwerke. In ihnen wird ein Auftriebskörper durch die Wellenbewegung auf und ab bewegt. Mit dieser Bewegung kann über ein einfaches Getriebe ein Generator angetrieben werden, der rund um die Uhr Strom erzeugt. Xu Wang und seine Kollegen nutzen zwar auch eine Boje, in der sie – sicher vor dem Meerwasser abgeschirmt – einen Generator installierten. Doch angetrieben wird er von zwei gegenläufigen Propellern, die an einer doppelten Achse in das wellenbewegte Wasser eintauchen. Der obere Propeller ist dabei fest mit der rotierenden Achsenhülle, der untere mit einer zweiten, in diese Hülle integrierten Achse verbunden. So können beide Drehrichtungen gleichzeitig für den Antrieb des Generators genutzt werden.
Versuche im Labor erfolgreich
„Dank dieser beiden gegenläufige Turbinenräder kann der Prototyp die Stromausbeute aus Meereswellen verdoppeln“, sagt Xu Wang. So könne die senkrechte Strömungsbewegung innerhalb einer Welle ideal genutzt werden. Der Prototyp ist bisher allerdings von bescheidener Größe. So haben die Propeller gerade mal einen Durchmesser von knapp einem halben Meter. Mit Boje und Generator bringt er es auf ein Gesamtgewicht von gut 13 Kilogramm. Doch für erste Versuche in einem kleinen Wellentank im Labor reichte er aus. Am besten funktionierte der Prototyp bei einer Amplituden-Wellenhöhe von 80 Millimetern und erzielte mit einer Leistung von 25 Milliwatt einen beachtlichen Wirkungsgrad von knapp zwölf Prozent. Was nach wenig klingt, ist äußerst ordentlich, da es sich um Laborergebnisse im kleinen Maßstab handelt.
„Der nächste Schritt ist es, diese Technologie zu skalieren und unter realen Bedingungen im Meer zu testen“, sagt Wang. Ein solcher Pilotkraftwerke könnte aus um ein Vielfaches größere Propeller an einer etwa mannsgroßen Boje bestehen. Nun hofft Wang auf Investoren aus der Industrie, um den Schritt aus dem Labor zu wagen. Dann wird sich entscheiden, ob das Konzept der gegenläufigen Propeller wirklich zu effizienteren Wellenkraftwerken führen könnte.
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