Die Warnungen nehmen zu
Die Gasversorgung wird von offizieller Seite weiterhin als gesichert dargestellt, auch wenn es zu einem tatsächlichen Lieferstopp kommen sollte. Der Europäische Rechnungshof warnte jedoch bereits im Sommer vor unzureichenden Vorbereitungen, insbesondere im Hinblick auf die Preisbildung im Falle einer erneuten Gaskrise. Ein erneuter Energiepreisschock würde die ohnehin schon stark angeschlagene Wirtschaft hart treffen. Die Lage ist also alles andere als entspannt.
Zudem bleibt die große Unbekannte und Unsicherheit, was passieren würde, wenn es zudem im Januar oder Februar erstmals seit Jahren wieder zu einer großflächigen und lang anhaltenden Kältewelle auftreten sollte. Nach der Dunkelflaute Anfang November und jetzt Mitte Dezember 2024 gab es sehr deutliche Warnungen, dass eine solche Situation dann möglicherweise nicht mehr beherrschbar sein könnte.
Die jüngste Dunkelflaute am 11. und 12. Dezember hat den europäischen Strommarkt enorm unter Druck gesetzt und am 12. Dezember zu Rekordpreisen mit fast 1.000 Euro pro Megawattstunde (MWh) geführt, und zu den höchsten Preisen seit 18 Jahren. Normalerweise kostet die MWh derzeit rund 100 Euro. Auch die Preise für Ausgleichsenergie sind auf mehrere Tausend Euro gestiegen. Keine guten Voraussetzungen für eine stabile und sichere Versorgung im kommenden Winter.
Im schlimmsten Fall könnte es auch erstmalig zu großflächigen Abschaltungen ( Strommangellage) in Mitteleuropa kommen, wenn nicht mehr genügend Strom produziert oder in die Bedarfsregionen transportiert werden kann. Die Diskussion darüber ist sehr aufgeheizt und es gibt gegenseitige Schuldzuweisungen, sodass erst ein tatsächliches Ereignis Klarheit schaffen wird, dass es ernst gemeint war. Leider scheinen viele Akteure und Entscheidungsträger nicht in der Lage zu sein, den Ernst der Lage zu antizipieren und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen. So wird man wieder einmal nur “aus Schaden klug werden”. Zudem lässt die Truthahn-Illusion grüßen.
Sollte der Winter dennoch ohne größere Probleme über die Bühne gehen, was wir nicht ausschließen, wartet jedoch bereits im kommenden Frühjahr die nächste große Herausforderung: Die Problematik der nicht steuerbaren Photovoltaikanlagen, vor der inzwischen zahlreiche Experten aus dem EE-Sektor warnen und für die zwischen Ostern und Pfingsten 2025, insbesondere an sonnigen Sonntagen, kritische Netzsituationen erwartet werden. Ein Kernproblem sind die nach wie vor fehlenden Speicherkapazitäten bzw. auch falsch konfigurierten Heimspeicher. Wieder ein Beispiel dafür, dass gut gemeint nicht immer besser ist, so wie es leider weiterhin eine Reihe von gravierenden Fehlern in der Umsetzung der Energiewende gibt, welche in “Die Energiewende und die steigende Fragilität des europäischen Stromversorgungssystems” näher beleuchtet werden.
Gleichzeitig zeigt die Praxisbetrachtung “Notstromversorgung – Durchdachte Konzepte statt Schnellschüsse”, dass auch auf der Vorsorgeseite einiges besser gemacht werden könnte und hier immer wieder viel unnötiges Geld ausgegeben wird. Bei der Energiewende besteht ein dringender Handlungsbedarf, doch sind derzeit weder in Österreich noch in Deutschland – nicht zuletzt aufgrund der politischen Situation – ernsthafte Bemühungen erkennbar, gegenzusteuern. Im Gegenteil droht die Polarisierung in ein noch größeres Chaos zu führen.
Lehren aus den aktuellen Hochwasserereignissen
Peter Erlhofer und Herbert Saurugg betrachteten über die Energieversorgung hinaus auch die jüngsten Hochwasserereignisse und das Problem der unzureichenden Sicherheitskommunikation aus systemischer Sicht.
Eine wichtige Erkenntnis ist leider, dass es, ähnlich wie beim Ahrhochwasser 2021, erneut an ausreichender Sicherheitskommunikation und Orientierungshilfen im Vorfeld mangelte. Dadurch entstanden weit mehr Schäden als nötig. Auch bei den Ereignissen wenige Wochen später in Spanien zeigte sich ein ähnliches Versagen. Wir müssen endlich besser vorbereitet sein und vor die Lage kommen, nicht zuletzt, weil die Klimaveränderungen uns dazu zwingen und die Schäden immer teurer und kaum mehr finanzierbar werden.
Besonders bei Sturzfluten (“Flash Floods”) bleibt oft nur sehr wenig Zeit zum Handeln. Das gelingt nur, wenn im Vorfeld entsprechende Vorsorgemaßnahmen getroffen werden. Warnungen sind häufig nur sehr kurzfristig möglich. Bei größeren Ereignissen besteht die Gefahr, dass das potenziell betroffene Gebiet nicht klar abgegrenzt werden kann. Hier sind wir alle als Bürger und Bürgerinnen gefragt.
Oft wird vor Ereignissen gewarnt, die dann nicht oder nicht in der vorhergesagten Stärke eintreten. Als Folge werden Warnungen von vielen Menschen nicht mehr ernst genommen. Hier braucht es eine Kulturänderung: Lieber zehnmal unnötig reagieren und vorbereitet sein, als einmal böse überrascht zu werden.
Herzliche Grüße
Herbert Saurugg und Sandra Kreitner
Seit Jahren verbreite ich umfangreiche Analysen für den Fall eines Blackouts auf meiner Webseite.
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