Als Ergänzung zu den Februar-Nachrichten möchte ich nochmals über freie Bildungsinitiativen berichten.
Auch wenn sie derzeit noch nicht legalisiert sind, halte ich solche Vorgangsweisen rechtlich gesehen für mehr als vertretbar: Die geforderte Gleichwertigkeit zwischen Schulunterricht und HU ist, pragmatisch betrachtet, auf jeden Fall gegeben, solange ein frei lernendes Kind nicht SCHLECHTER abschneidet als (unter gleichen Prüfungsbedingungen!) die SCHLECHTESTEN aller gleichaltrigen SchülerInnen abschneiden würden, die ein gültiges Zeugnis erhalten haben. Das kann nicht so schwer sein, denn laut dem nationalen Bildungsbericht – einer offiziellen Veröffentlichung des Bildungsministeriums! – wiesen bereits vor Corona 42% (!) der Schüler am Ende der Pflichtschulzeit so hohe Defizite auf, dass sie nicht einmal die Mindestanforderungen für eine Lehre oder eine weiterführende Ausbildung erfüllen konnten! Noch katastrophaler fiel eine Umfrage der Wirtschaftskammer aus, laut der 66%, also ganze zwei Drittel an diesen Mindestanforderungen scheiterten…
Für die Bildungsbehörden wird es eine Überraschung sein, wenn HU-Eltern plötzlich nicht mehr einzeln wie Bittsteller vor ihnen stehen, sondern mit Unterstützung von PANDORA-UNION den Prüfungskommissionen selbstbewusst eigene Lösungen für die Jahresabschlüsse ihrer Kinder präsentieren. Dabei könnte ich mir durchaus vorstellen, dass die Behördenvertreter in Wahrheit erleichtert sein werden, obwohl sie das vermutlich nicht offen zeigen dürfen. Dieses Jahr sind so viele Kinder zum häuslichen Unterricht angemeldet worden wie noch nie. Wie soll das Amt die personellen Ressourcen für die vielen Externistenprüfungen aus dem Hut zaubern? Die Lehrergewerkschaft hat bereits abgewinkt, denn die vielfältigen Probleme innerhalb des Schulsystems haben sich durch die Coronakrise bekanntlich extrem verschärft. Die letzte Verordnung der Bildungsdirektionen (das kann sich jederzeit wieder ändern) listet nun eine kleine Zahl von Sprengelschulen auf, denen die Prüflinge je nach Wohnort zugeteilt werden. Externisten müssen dort zu einem bestimmten Termin erscheinen und werden nach einem genau vorgegebenen strengen Raster abgeprüft – also das exakte Gegenteil dessen, was sich Eltern sensibler Freilernerkinder wünschen würden… Der Zeitpunkt für den nächsten großen Schritt in Richtung freie und selbstbestimmte Bildung könnte also kaum günstiger sein. Ein solcher Schritt ist im Übrigen längst fällig, würde ich sagen, denn seit der letzten substanziellen Neuerung – der Bewilligung eigener Statuten und Lehrpläne für freie Schulen – ist bereits mehr als ein Vierteljahrhundert ins Land gegangen!
Entscheidend in dieser herausfordernden Zeit ist die Elternarbeit:
- Es braucht bewusste Eltern, die bereit sind, für das Wohl ihrer Kinder die herkömmlichen Bildungswege zu verlassen und mutig Neuland zu betreten.
- Eltern, die ihre eigenen Traumata aufgearbeitet haben, um sie nicht an die nächste Generation weiterzugeben.
- Eltern, die Kindern die Chance geben, sich von ihren eigenen Interessen leiten zu lassen, weil sie wissen, dass in jedem Menschen alles angelegt ist, was er für ein erfülltes Leben braucht.
- Eltern, die verstanden haben, wie kontraproduktiv es ist, an einem Grashalm zu ziehen, damit er schneller wächst.
Für das Leben und Lernen in Gruppen braucht es ein neues WIR.
Das alte Wir, das Wir der Konkurrenzgesellschaft, bedeutet, dass Menschen im Beruf ihre Menschlichkeit und ihre Selbstverantwortung weitgehend ablegen. Sie übernehmen eine bestimmte Rolle und haben sich in die hierarchische Ordnung einer Institution einzugliedern, um ein bestimmtes Plansoll zu erfüllen. Dafür werden sie bezahlt. Längst ausgebrannte Mitarbeiter werden unter Umständen Jahre und Jahrzehnte mitgeschleppt.
Das neue WIR, das WIR der Menschheitsfamilie, lädt zur Selbstfindung ein, zu Selbsterkenntnis, Selbstliebe, Selbstverantwortung. Es beruht auf Liebe und Freundschaft, pflegt Kommunikation auf Augenhöhe und kann sich nur außerhalb der Institutionen in Freiheit entfalten. Für das neue WIR gibt es auch kein fixes Plansoll, denn gemeinsame Projekte entwickeln sich im Gleichtakt mit den daran beteiligten Menschen. Deren Träume, Talente und Bedürfnisse weisen die Richtung und so bleiben die Dinge im Fluss. Auch Abschied oder Neubeginn gehören dazu.
Die WIRKGEMEINSCHAFT REIFEGRAD-REFLEKTION, BEWEGUNG2020, MITANANDA LERNEN, WINGS und andere (siehe Homepage der Bewegung 2020) unterstützen mit Hilfe engagierter Coaches einzelne Eltern oder ganze Gruppen dabei, in das neue WIR hineinzuwachsen, denn eine Gemeinschaft ist immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied! Regelmäßige Treffen stärken den Zusammenhalt. Durch Informationsaustausch entdecken die Menschen immer neue Möglichkeiten und Querverbindungen. So hat sich die Aufbruchsstimmung, die in der INITIATIVE BILDUNG UND LEBEN ihren Ausgang nahm, in den vergangenen Monaten zu einer begeisterten Kooperation über Vereinsgrenzen hinweg gesteigert. Bitte lasst euch von dieser Begeisterung anstecken und verbreitet die hier zusammengefassten Informationen, denn es gibt so viele Eltern und Kinder wie noch nie, die gerade dringend Ermutigung brauchen!
Überarbeitet: "Lernen ist wie Atmen" als eBook
Gemeinsam mit zwei Freilernermüttern, Gudrun Totschnig und Sigrid Haubenberger, haben wir es im Selbstverlag herausgegeben und 2020 auch als eBook bereitgestellt.
Wir haben das Gefühl, dass gerade in dieser Zeit des distanzierten Lernens Erfahrungen aus dem Freilernen orientieren helfen können.
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