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SCHOLÈ-Nachrichten Juni 2018

Schole-Titelbild

Liebe Scholé-Freunde,
die meisten von euch haben wahrscheinlich den einen oder anderen Zeitschriftenartikel

in Profil oder News gelesen, wo wieder einmal LAIS, Colearning, Homeschooling und Freilernen in einen Topf geworfen wurden, den man dann mit dem Warnschild „Finger weg: Sekten! Antisemitismus! Esoterik! Staatsverweigerer!“ versehen hat. Auf vorbildliche Weise beherzigen die Redakteure selbst diese Warnung: Mit Recherchen halten sie sich nicht auf, es genügt ihnen die Meinung der Sektenberatungsstelle

Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als Montessori- und Waldorf-Schulen mit ganz ähnlichen Totschlag-Argumenten diffamiert wurden. Vor 30 Jahren gehörte Mut dazu, sich für eine unter Sektenverdacht stehende Alternativschule zu entscheiden, wo die Kinder angeblich nichts Vernünftiges lernen, sondern nur herumspielen… Viele Eltern haben diese Entscheidung auch keineswegs freiwillig getroffen, sondern weil ihnen nichts anderes übrig blieb, wenn ihre allzu sensiblen Kinder mit der Regelschule einfach nicht zurechtkamen. Den Behörden war und ist es bis heute durchaus recht, dass „verhaltensauffällige“ Schüler von privaten Alternativschulen aufgefangen werden. Deshalb werden diese Schulen vom Staat geduldet, wenn auch nicht finanziert: Hoch sensible Kinder muss man sich eben leisten können, nicht wahr?

Die AlternativschülerInnen von damals sind inzwischen erwachsen und stehen, entgegen allen Unkenrufen, meist erfolgreich und zufrieden im Leben. Viele von ihnen sind inzwischen selbst Eltern und bereit, noch einen Schritt weiter zu gehen: Die Zahl der Freilerner und der alternativen Einrichtungen steigt mit der Zahl hoch sensibler Kinder, deren Eltern darin keine „Krankheit“ sehen, sondern einen Grund zur Freude. Weniger Freude haben damit offenbar die Bildungsverantwortlichen, denen die lückenlose Kontrolle über den Nachwuchs zu entgleiten droht. Zum Glück finden sich immer wieder gesprächsbereite und einfühlsame Beamte und Beamtinnen, für die das Kindeswohl im Vordergrund steht. Sie sind deshalb bereit, mit mutigen Eltern zu kooperieren und maßgeschneiderte Lösungen zu finden.

Artikel wie „Voodoo Pädagogik“ fallen diesen aufgeschlossenen Beamten jedoch in den Rücken. Sie sind Wasser auf die Mühlen der unerbittlichen Behördenvertreter, denen es nur darum geht, ohne Wenn und Aber „ihre Pflicht zu erfüllen“. Als Leserin frage ich mich, wie eine derart fahrlässige Berichterstattung zu verantworten ist angesichts der Tatsache, dass dieselben Zeitschriften fast jede Woche alarmierende Artikel über den „Bildungsnotstand“ in Österreich veröffentlichen: Über steigende Gewalt an Schulen, Lehrer-Burnout, Schüler mit schwerwiegenden psychischen und gesundheitlichen Problemen, Suchtgefährdung, katastrophale Testergebnisse, SchulabgängerInnen ohne Zukunft, die weder rechnen noch sinnerfassend lesen können, usw.

Wäre es nicht die Pflicht einer demokratischen Gesellschaft, endlich Alternativen zu erproben? Endlich das Wohl der jungen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und nicht die Erhaltung des Systems? Endlich Bildungs-Pioniere und Pionierinnen, die den Mut haben, sich auf Neues einzulassen, fachlich und finanziell zu unterstützen, anstatt ihnen das Leben schwer zu machen? Endlich selbstbestimmte Kinder, die mit Freude aus eigenem Antrieb lernen, systematisch zu beobachten, um die daraus gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse auch den Schulkindern zugute kommen zu lassen?

Wäre es nicht die Pflicht demokratischer Medien, sich mit Initiativen aus der Zivilgesellschaft unvoreingenommen zu beschäftigen? Genaue Recherchen darüber anzustellen, bevor man sie einer größeren Öffentlichkeit vorstellt? Und innovative Projekte gegen althergebrachte Vorurteile zu verteidigen? Wäre es nicht die Aufgabe junger Journalisten, die Partei der Kinder und Jugendlichen zu ergreifen und sich für das Recht auf Bildungsfreiheit einzusetzen, anstatt nach noch mehr Überwachung und Kontrolle zu rufen?!

Ich bitte euch, in eurem Bekanntenkreis diese Fragen zu verbreiten. Bei erschreckend vielen Menschen beobachte ich eine Art bedingten Reflex, ungeschaut alles zu verdammen, was die Medien ins rechte oder esoterische Eck gestellt haben. Bitte schaut nicht weg, sondern schaut hin! Lasst euch nichts einreden, weder im Positiven noch im Negativen! Fordert Fakten anstelle unbewiesener Meinungen! Gebt jungen Initiativen eine Chance, Anfangsschwierigkeiten zu überwinden und sich zu entwickeln! Aber holt Hilfe, wo ihr mit eigenen Augen Missstände wahrnehmt – egal ob im Schulsystem oder außerhalb.

Und achtet bei der Beurteilung von Bildungswegen bitte darauf, dass nicht die REALITÄT des einen Weges mit dem IDEAL des anderen Weges verglichen wird! Abenteuerliche Behauptungen, man könne in 2 Tagen Lesen und Schreiben lernen oder den Mathematikstoff der Oberstufe innerhalb von 4 Wochen beherrschen, entbehren jeder realen Grundlage. Sie sind im übrigen nicht Teil der LAIS-Philosophie, sondern standen kurze Zeit auf einer einzigen Homepage und sind von dort aus gutem Grund rasch wieder verschwunden. In unseren Gesetzesbüchern steht dagegen immer noch die absurde Bestimmung, wonach ein zum häuslichen Unterricht angemeldetes Kind, das bei der Jahresprüfung mit 7 oder 8 Jahren noch nicht sinnerfassend lesen kann, nie wieder frei lernen darf: Es muss nun zur Schule gehen, wo 25% seiner Mitschüler das mit 14 oder 15 Jahren noch nicht können…

Ich wünsche euch schöne, unbeschwerte Sommertage,
Alexandra

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